Donnerstag, 17. September 2009

Fahnenappell 1/2

Hallo zusammen,

es hat sich vieles getan, seit ich das letzte Mal etwas geschrieben habe, also stellt sich mir nun die Frage: Wo fange ich an?
Am meisten interessiert euch alle wahrscheinlich erstmal die Absicherung meiner Grundbedürfnisse. Darüber braucht sich allerdings niemand Gedanken zu machen, denn es ist alles super! Ich habe festgestellt, dass es ziemlich wichtig ist, Internet zu haben, da ich sonst keinen Kontakt zu Außenwelt aufrecht erhalten kann... deshalb bin ich auch mehr als froh, dass ich jetzt eine gute W-Lan-Verbindung hier im Haus habe. Vorher habe ich das Internet ja von der Nachbarin...genutzt ; ) Es war stressig, denn der Empfang schwankte stark und ich saß sozusagen zwei Tage völlig auf dem Trockenen. Aber jetzt ist alles gut! : )
Dann habe ich es endlich mal geschafft einige Bilder von meiner Unterkunft zu machen! Los geht es mit meinem kleinen Zimmerchen:
Ich habe das zweite Bett mit Hilfe einer Supermarkttischdecke, wie ich finde, ziemlich erfolgreich in eine Couch verwandelt! Ansonsten gibt es natürlich auch noch einen Schrank und eine kleine Garderobe in der Ecke, die man hier nicht sehen kann. Hinter dem Schreibtisch müsste an der Wand eigentlich eine Heizung sein, aber bis jetzt wurde sie noch nicht eingebaut. Ich bekomme allerdings einen Radiator, wenn es kälter wird. Absolute Stromverschwendung, aber ich will ja auch nicht erfrieren...
So, dann geht es weiter mit der kleinen Küche:
Wer jetzt vielleicht zufällig stehen sollte, dem empfehle ich nun, sich zu setzen, denn es folgt das Bad... bzw. Nasszelle trifft es wohl eher ; )
Der Blitz reißt einiges raus, so glänzt es normalerweise nicht, aber immerhin: Wasser aus Wand! Und natürlich darf ich euch den absoluten Knaller nicht vorenthalten: Der Blick aus dem Badfenster...
...direkt in den Geräteschuppen, oder was auch immer sich in diesem Raum verbirgt! Aber keine Sorge, es ist weniger als halb so schlimm, wie es aussieht. Und es hat sogar etwas Gutes: Meine Spinnenphobie wird durch dieses "Fenster" automatisch therapiert ; )

So weit also zu meiner Wohnsituation. Insgesamt fühle ich mich hier echt wohl und bin total zufrieden, zumal der Preis auch unschlagbar ist: ca. 135Euro pro Monat!

Doch, obwohl ich mich dort so wohl fühle, verlasse ich mein gemütliches Zuhause natürlich auch, um die bulgarische Welt zu erkunden. So geschehen auch am letzten Sonntag, als ich mich auf den Weg nach Ruse (ca. 100km nördlich von VT an der Grenze zu Rumänien; 1,5h Busfahrt für 3,50€!) gemacht habe, um Jeanette zu besuchen. Ich kannte sie vorher nur per Mail, aber wir haben uns vom ersten Moment an gut verstanden. Das macht vor allem die weitere Wochenend- und Ausflugsplanung spannender!
Jeanette ist für 5 Monate als Praktikantin in der Elias Canetti Stiftung in Ruse. Dort gibt es ein wahres Nest mit deutschen Frauen, denn außer ihr sind da noch Steffi (seit einem Jahr Kulturmanagerin) und inzwischen auch Heidi (Bosch-Lektoren-Programm). Wir werden also in Zukunft eine Mädels-Kombo! Offensichtlich schickt die Bosch-Stiftung lieber deutsche Frauen als Männer auf den Balkan ; )
Jedenfalls haben Jeanette und ich uns gemeinsam Ruse angesehen. Die Stadt ist ganz anders als VT: weniger alte Gebäude und verwinkelte Gassen, dafür mehr Parks und große Plätze mit Springbrunnen und Denkmälern - alles ziemlich sowjetisch angehaucht, aber schön. Wir waren dann auch im teuersten Hotel der Stadt (Hotel Riga), um von der 16.Etage aus Bilder zu machen. Leider war es etwas bedeckt, aber hier trotzdem mal einige Impressionen...
Der Blick über die Donau nach Rumänien.
Und der Blick über die Stadt Ruse. Wie gesagt, viel weniger alte Häuser, dafür um so mehr im Platten-Stil.

Neben dem Ausflug nach Ruse war ich auch noch viel in VT unterwegs. Am Montag bin ich, nachdem mir Margarita beim Kauf einer bulgarischen Pre-Paid-Handykarte geholfen hatte (ich selbst war zuvor kläglich gescheitert...), nochmal zum bereits erwähnten Asen-Denkmal gegangen. Ihr erinnert euch - zweites bulgarisches Reich usw.? Richtig! : ) Jedenfalls ist dieses Denkmal auf einer Landzunge und nur über eine Brücke zu erreichen. Da Montag nicht gerade der Ausflugstag schlechthin ist, war ich (so hatte ich jedenfalls das Gefühl) der einzige Mensch auf diesem Stückchen Erde. Prinzipiell kein Ding, allerdings wurde die ganze Geschichte dann doch ziemlich unheimlich, als ich mich den Asen-Reitern näherte... Diese Dinger sehen aus wie eine Mischung aus Nazgul und Dementoren. (Wer "Herr der Ringe" und "Harry Potter" kennt, der weiß jetzt, wovon ich rede. Alle anderen müssen googeln ; )) Ich hab dann nur kurz ein paar Bilder gemacht und bin wieder gegangen...
Zu meiner eigenen Aufheiterung und für euch nun zu allgemeinen Belustigung, hab ich dann mal die Selbstauslöserfunktion meiner Camera ausprobiert. : ) Vorweg eine Bitte an alle, die auch nur im geringsten eine Ahnung vom Fotografieren haben: Sagt einfach nichts! Danke ; )
Ich werde allerdings, trotz der Begegnung mit den unheimlichen Reitern, noch einmal auf die Landzunge gehen, denn dort befindet sich die Bildergalerie, eine Ausstellung, die mir inzwischen oft empfohlen wurde.

Am Dienstag war es dann soweit: erster Schultag! Ich sollte um 8:30 in der Schule sein und wusste eigentlich gar nicht so richtig, was passieren würde - nur so viel war klar: kein Unterricht! Es stellte sich dann heraus, dass es nur eine feierliche Eröffnung des Schuljahres auf dem Schulhof geben würde. Dazu mussten sich alle Schüler in einem Viereck auf dem Hof aufstellen, nach Klassen sortiert. Dann wurde die bulgarische Nationalhymne angestimmt und die Landesflagge gehisst. Darauf folgte die Schulhymne und der Aufmarsch dreier Fahnenträger mit der Schulfahne. Dann noch ein paar weitere Lieder, eine laaaange Ansprache der Direktorin und schließlich der Einzug jeder einzelnen Klasse, geordnet nach Jahrgängen und begonnen bei den Kleinsten, in das Schulhaus. Es war ein ziemlich interessantes Spektakel, zumal es niemand so wirklich ernst genommen hat. Vor allem durch die Kleidung der Mädels glich die ganze Sache eher einer Cat-Walk-Geschichte als es einem Fahnenappell... Ich habe keine Bilder davon gemacht, hätte einen komischen Eindruck hinterlassen, glaube ich.
Einen interessanten Brauch gibt es außerdem bei dieser Veranstaltung: Die Lehrer bekommen Blumen - alles ist dabei, von einzenlen Nelken oder Rosen bis hin zu großen Sträußen. Am Ende stehen dann diese kleinen Frauen mit Blumen überhäuft auf dem Schulhof und versuchen auf dem Weg ins Schulgebäude nicht alles fallen zu lassen. Insgesamt ist es wohl ein Zeichen des Respekts von den Schülern an die Lehrer. Ich selbst habt dann auch kräftig abgesahnt, als die Lehrer im Anschluss versuchten, einige ihrer Sträuße wieder loszuwerden. Seit Dienstag riecht es jetzt immer schön nach Blumen in meinem Zimmer und es ist auch bunter. : )

Nach der Eröffnung des Schuljahres war ich Margarita zusammen in der Stadt und sie hat mich ein bisschen rumgeführt (zum Glück waren wir nicht beim Asen-Denkmal ; )). Während unseres Rundganges hat sie gefühlte 100 Menschen auf der Straße getroffen und die meisten dachten, dass ich ihre Tochter wäre - ich gehe also schon nach knapp einer Woche als Bulgarin durch ; )
Jedenfalls hat sie mir auch die Gurkon-Straße (benannt nach einem General, der das Land von den Türken befreite und in dieser Straße empfangen wurde...ich hab beim ersten Mal Gurken-Straße verstanden und Margarita damit herrlich zum Lachen gebracht) gezeigt, die ich sofort zu meinem Lieblingsplatz in der Stadt erklärt habe. Es ist eine der ältesten Straßen der Stadt: viele kleine und große Fachwerkhäuser reihen sich aneinander und viele davon sehen so aus, als würden sie jede Minute den Hang hinunterfallen oder einfach zusammenbrechen. Hier mal einige Eindrücke...

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